Natur

Rehkitzrettung mit Drohnen

Wenn ab Mai bis Mitte Juli die Gräser auf den Wiesen in die Höhe wachsen, zum selben Zeitpunkt die Rehe gebären, auf den Weiden ihre Kitze verstecken und gleichzeitig die Bauern eben diese Felder mähen wollen, wird eine Problematik offensichtlich.

Vermeintlicher Schutz in der Wiese

Im Anschluss an die Geburt leckt das Reh seine zwei bis drei Kitze trocken, festigt damit seine Bindung und entfernt so den Geruch von ihnen. So können Fressfeinde keine Witterung aufnehmen. Danach sucht die Rehgeiss einen Liegeplatz für die Jungen im hohen Gras. Dort verharren die Kitze regungslos und gut getarnt. Die Mutter entfernt sich dann nur für die Nahrungssuche, auch nie weit weg, und kehrt immer wieder fürs Säugen zurück. Das regungslose Verhalten der Kitze in den ersten zwei Lebenswochen nennt sich «Drückverhalten» und zeigt sich auch durch eine Schockstarre wenn sie von Fremden entdeckt werden. Dieses natürliche Verhalten hilft ihnen, sich vor Wolf, Fuchs und Bär zu verstecken, ist jedoch beim Mähdrescher nutzlos. Erst ab der dritten Woche wird die Flucht zum probaten Mittel, sich in Sicherheit zu bringen und sich so zu schützen.

Das Kitz ist somit den Mähmaschinen schutzlos ausgeliefert. Ein Aufeinandertreffen endet in den meisten Fällen tödlich. Es ist aber nicht nur für die Tiere fatal, es ist auch eine grosse Belastung für die Bauern. Zudem geht auch eine grosse Gefahr durch das vom Kitz vergiftete Heu aus, welches von Kühen und anderen Nutztieren gefressen wird. In der Schweiz fallen laut Jagdstatistik etwa 1500 Rehkitze dem Mähdrescher zum Opfer. Die Dunkelziffer dürfte dabei noch viel grösser sein.


Rettung aus der Luft

Durch das angeborene Verhalten, an Ort und Stelle zu verharren, lassen sich die jungen Kitze nicht gut verscheuchen. Die herkömmliche Methode, das Vertreiben mit Rufen und Duftstoffen, gelingt deshalb nicht immer. Die Suche mit Menschenketten ist da sicher gründlicher, dafür aber sehr zeit- und personalintensiv. Eine erst seit ein paar Jahren angewendete Methode verspricht viel mehr Erfolg: Die Rettung aus der Luft. Mit Hilfe von Drohnen, die mit Wärmebildkamera ausgestattet, ihre zuvor programmierten Kreise ziehen und die Felder absuchen, lassen sich am meisten Rehkitze retten.

Morgens um drei Uhr

Morgen Stund hat Gold im Mund. Nicht so um drei Uhr morgens. Wenn sich nämlich die ehrenamtlichen Helfer und Jäger aus Einsiedeln besammeln, sind die goldenen Strahlen der Sonne noch weit weg. Der frühe Start im Dunkeln hat zwei Gründe. Zum einen möchte man den landwirtschaftlichen Betrieb nicht stören und zum anderen sind tiefe Temperaturen die Voraussetzung, dass die Suche mit der Wärmebildkamera überhaupt funktioniert. Da die Kitze sehr klein, nicht sonderlich warm und die Temperaturen im Frühsommer schon am Morgen sehr hoch sein können, erhält man die klarsten Kontraste vom im Gras liegenden Kitz wenn die Temperaturen am tiefsten sind. Welche Einsätze wann geflogen werden, wird meist sehr kurzfristig bekannt. Ausschlaggebend sind die Bäuerinnen und Bauern, welche entscheiden, wann gemäht und ob der kostenlose Dienst der Jäger überhaupt in Anspruch genommen werden soll. Neben Engagement ist also auch Flexibilität gefragt.

«Kein Fund ist immer auch ein Erfolg, schliesslich stirbt so kein Kitz.»

Sven Ochsner, aus der ehrenamtlichen Gruppe «Rehkitzrettung Region Einsiedeln».

Kein Fund ist ein Erfolg

Gespannt und konzentriert wird der Flug der Drohne und die gelieferten Wärmebilder am Bildschirm beobachtet. Einige Male wird ein Suchtrupp losgeschickt, welcher überprüft, ob der vermutete Stein nicht doch ein kleines Reh oder feststellt, dass das vermutete Reh doch nur ein Stein ist. Ein Fund sei immer eine tolle Sache, ein so kleines und junges Tier zu retten, mache natürlich glücklich. Zudem ergänzt Sven Ochsner: «Kein Fund ist immer auch ein Erfolg, schliesslich stirbt so kein Kitz.»
Und so kann der heutige Morgen ohne Kitzrettung als absoluter Erfolg verbucht werden.

Eine Frage der Finanzierung

Die hochwertige technische Ausrüstung ist eine kostspielige Angelegenheit. Nur durch die Unterstützung von ehrenamtlichen Helfern und grosszügigen Spendern, konnte die Suche bisher finanziert und gewährleistet werden.

Falls du dieses Projekt unterstützen möchtest, findest du hier (Rehkitzrettung Region Einsiedeln) weiterführende Informationen.


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Mit kurzen Beiträgen etwas gescheiter und der Natur etwas näher.

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