Unglaublich: Vor knapp einer Viertelstunde noch die Hektik und der Lärm der A13 - und jetzt das: Eine Entenmutter mit ihren Kleinen stolziert schnatternd über den Hof; die drei Esel Emma, Benjamin und Janosch liegen im Halbschatten und Kenai, der Hofhund fordert seine Streicheleinheiten von den Besuchern. Im Stallfenster liegt eine Katze, hebt ein Augenlid, stellt fest das nichts Weltbewegendes passiert und döst weiter. So - oder so ähnlich - stellen sich viele Menschen wahrscheinlich das Paradies auf Erden vor. «Ist es ja auch», sagt Mike und fügt bei: «Es will aber jeden Tag neu geschaffen werden.»
Ein Ort zum Innehalten
Achtung vor der Schöpfung
Mike, der gebürtige Bündner aus dem Oberbaselbiet kommend, hat das Anwesen am Flumser Kleinberg vor einigen Jahren gekauft. Hinter dem Kauf stand und steht ein gerütteltes Mass an Empörung über das Bild einer nachhaltigen Schweizer Landwirtschaft. «Die achtet jedoch weder den Boden, noch die Biodiversität, das Wasser, den Menschen und schon gar nicht die Tiere», sagt der selbst ernannte Bio-Bauer. Er schiebt gleich nach: «Das Wohl meiner Tiere steht an oberster Stelle. Auch kann und soll man sie streicheln können, die haben das gerne. Doch das hier ist nicht nur ein Streichelzoo. Für den Eigenbedarf wird hie und da auch ein Tier getötet und verarbeitet. Wer will, darf dabei sein, wenn einem Huhn der Kopf abgeschnitten wird. Auch kann man als Besucher gerne einen Einblick in die bäuerliche Arbeit nehmen. Einer Landbewirtschaftung, wie ich sie verstehe.» Bei Stallarbeiten, beim Heuen oder im Wald dürfen Mike’s Gäste mithelfen. «Ich habe schon etwas zu sagen - eben dass man mit seiner Umwelt anders umgehen soll. Aber ich bin kein Missionar. Ich dränge mich niemandem auf.»
Biken und Wandern
Wer hier hinauf kommt, hat aber auch ohne Hofarbeiten genug Möglichkeiten zum Erleben: Im nahen Wildbach gibts kühlende Bassins, im Wald wachsen Pilze, durch die Region streifen immer wieder Wölfe und an Wander- und Bikewegen fehlt es in den Flumserbergen auch nicht. Die sind wegen dem zunehmend milden Klima oft auch im Winter begeh- und befahrbar. Wer Lust hat, kann bei Mike ein Eseltrekking in die nähere und weitere Umgebung buchen. Und wenn es dann doch Schnee gibt, ist sein Hof auf 800 Metern gelegen ein guter Ausgangspunkt für Schneeschuhwanderungen.
Auch wer einmal erfahren will, wie man früher geholzt hat, ist bei Mike richtig. Der grossgewachsene Mann weiss noch, wie es beim Handholzen mit Hobelzahnsäge und Beil zugeht. Und er gibt das Wissen in Kursen weiter. Wer lieber weniger arbeitet – oder auch gar nicht - , sich dafür aber mit Ansichten und Einsichten herumschlägt, schaut am besten am Feierabend bei Mike’s Haus für einen Schlummertrunk vorbei. Seinen Tag beendet der ruhig und überlegt redende Mann gerne auf einem nahen Felsen jeweils mit einem seiner Musikinstrumente.
Kraftort mit Suchtpotential
Das Heimwesen dieses sehr naturverbundenen Menschen ist ein eigentlicher Kraftort, eingebettet in Verrucano-Felsen mit Gärten, Heutristen, Wildhecken und anderen Raritäten. «Alleine in meinen vier Hektaren Wald wachsen 20 verschiedene Baumarten», sagt der gelernte Forstwart. Ob es nun Mike mit seinem herben Charme, die überaus friedliche Tierschar oder eben der Kraftort an und für sich oder alles zusammen ist: Über dem Gebiet liegt ein Zauber. Wer diesen Zauber spüren kann, kommt nicht mehr los davon, hat Mike erfahren. «Viele Besucher sind schon zum zweiten oder dritten Mal da und es haben sich auch Freundschaften entwickelt.»
Der Nomady-Platz versteckt sich hinter einem Felsrücken. Wenn die Nacht hereinfällt, die Churfirsten über dem Walensee im Abendlicht rot leuchten, die Verrucano-Felsen die gespeicherte Tageshitze abgeben, dann ist das einfach ... magisch.