Die Aufgabe ist das Leben, das Leben die Aufgabe
Mal etwas näher, mal etwas weiter entfernt, sei er gewesen, von seinem Bubentraum, sagt Thomas Fehr. Bauer zu werden, habe ihn als Kind schon fasziniert. In Zürich aber, in der Stadt, in der er gross und später sesshaft geworden ist, sind die kindlichen Träumereien zunächst anderen Interessen gewichen. Töffrennen zum Beispiel, mitten durch die Stadt, mit Topfhelm und in halsbrecherischer Manier. «Eine wilde Zeit» sei es gewesen. In seiner Jugend haben Krawalle und der Rausch nach Geschwindigkeit seinen Alltag geprägt. «Chreis Chäib» und Opernhauskrawalle statt «Schwändital» und Heuen. «Meine Karriere ist im Zickzack verlaufen», meint er. Doch bevor die Kurve in Richtung Landwirtschaft zeigte, ging die Strasse noch etwas weiter gerade aus. Thomas hat sich für eine Lehre als Hochbauzeichner entschieden und anschliessend auch auf dem Beruf und als Bauarbeiter gearbeitet. Bis zu dem Zeitpunkt, als ihn die Träumereien der Kindheit wieder eingeholt haben, er sich eine Veränderung herbeigesehnt und eine Landwirtschaftslehre begonnen hat. Das Heim in den Bergen und der Platz in der Natur ist wieder ganz nah gewesen.
Neben den erlernten Fähigkeiten zur Bewirtschaftung von Böden und der Haltung von Vieh ist ihm auf der Schule aber auch etwas anderes vermittelt worden. Thomas schöpfte viel Selbstvertrauen und die Motivation, etwas in seine eigenen Hände nehmen zu wollen. Er bricht die Schule ab, will an die Hochschule und Architektur studieren. Er tut dies engagiert und mit Freude. «Das Timing war genau richtig», sagt er rückblickend. «Nach dem Studium bin ich bald selbständig geworden und habe mich auf Umbauprojekte spezialisiert».
Photocollage: Thomas im Auto und auf dem Töff.
Realität
Der Wunsch eines eigenen Bauernhofs hat sich im Laufe der Zeit entwickelt. «Ich habe fünfzehn Jahre gesucht, bis ich ihn gefunden habe, meinen Hof.», sagt Thomas. Es ist Liebe auf den ersten Blick gewesen, als Thomas den Stall im Winter besichtigt und dieser sich von seiner romantischen Seite präsentiert hat. «Ich habe mein Leben dann innerhalb von zwei Monaten auf den Kopf gestellt und bin vom selbständigen Architekt in Zürich über Nacht zum Bauer im Schwändital im Kanton Glarus geworden.» Es ist das Leben an sich gewesen, welches er gesucht habe. Dieses hat er dann auch gefunden. Eines, das sich im folgenden Frühling in Form einer harten Realität präsentierte. Nicht nur die anfänglichen Versuche als Bauer sind von Misserfolgen geprägt gewesen, auch der Zustand des Hofes zeigte, wie hart das Leben manchmal sein kann.
Der vorherige Besitzer hat nicht nur etwa 30 Katzen hinterlassen, welche getötet werden mussten, sondern auch haufenweise Abfall. «Acht Lastwagen haben wir gefüllt», erinnert sich Thomas an den Frühling 2009. Noch Jahre später stösst er immer mal wieder auf vergrabene Maschinen oder Abfall im Boden. Obwohl Thomas seine Lehre als Landwirt noch abgeschlossen hat, ist es nicht einfach gewesen mit den Gegebenheiten klarzukommen und den Anforderungen zu genügen. «Ich habe viel Lehrgeld bezahlt», meint er selbstkritisch. Eine schöne Erinnerung an den ersten Sommer, sei aber trotzdem geblieben. «Ich war im Seich mit dem Heuen», sagt Thomas. Ungefragt sind dann die benachbarten Bauern erschienen und haben ebenso kommentarlos ihm unter die Arme gegriffen. «Wenn du irgendwie Hilfe brauchst, ist man hier sofort zur Stelle. Man lässt Gabel und Kuh stehen und macht sich auf den Weg.» sagt Thomas wertschätzend. Wenn die Zeit eilt, sei es die einzige Hilfe, die man habe. «Das ist gelebte Solidarität!»
Der Bauer vom Steinberg
Nunmehr dreizehn Jahre ist es her, dass Thomas ins Schwändital gekommen ist. Den Titel als «Bauer vom Steinberg» hat er sich nach seiner Aussage, hart erarbeitet. Nicht etwa bei seinen Bekannten, sondern bei den umliegenden Bauern. Mit einem ökologischen Vernetzungsprojekt zum Beispiel, welches von ihm initiiert worden und für einen guten finanziellen Zustupf verantwortlich ist. «Ich schreibe auch Briefe für andere Bauernfamilien, wenn mal wieder Ärger mit den Behörden droht» sagt er, lacht und wird ernst wenn die Themen Landwirtschaft und Politik sich verbinden. «Die Nahrungsmittel werden zu günstig verkauft. Wären diese viermal teurer, hätten sie einen angemessenen Wert und die Direktzahlungen würden hinfällig. Mit dem tiefen Preis geht auch die entsprechende Wertschätzung einher, sowohl für die Lebensmittel, als auch für uns Bauern. Der Konsument bezahlt nicht mal die Produktionskosten, obwohl der Handel noch Gewinn macht!»
Seine Familie
Sanftere Töne schlägt Thomas an, wenn er von seiner Familie spricht. Neben dem Leben, das er gesucht hat, ist es auch der Wunsch nach Verantwortung gewesen, welcher ihn ins Glarnerland verschlagen hat. Verantwortlich ist er nun für seine Tiere. Seine Schafe, Hunde, Hühner und der Pfau sind seine Familie. Sie bedeutet ihm die Welt. Besonderen Schutz geniessen dabei seine Schafe. Seit zwei Jahren bewachen zwei Maremmen-Abruzzen-Schäferhunde die Herde. Die zwei Bären, wie er sie nennt, haben ihren Namen nicht von ungefähr. Es sind eindrückliche Tiere, auch angsteinflössend. Wer schon eine Begegnung mit Herdenschutzhunden hatte, weiss wovon die Rede ist. Ihre Aufgabe ist ihr Leben, ihr Leben ihre Aufgabe. Das lassen sie nicht nur Menschen, sondern auch Wölfe wissen. Es ist wohl ihre bedingungslose Hingabe, welche Thomas so fasziniert und ihn auch an sich selber erinnert. «Es gibt für mich keine Work-Life-Balance, es gibt diese Trennung von Beruf und Leben nicht, es ist das gleiche.»
Umgang mit Herdenschutz-Hunden
Es empfiehlt sich, das Gehege der Schafe gar nicht erst zu betreten. Passiert dies trotzdem, sollte man ruhig bleiben und den Hunden Zeit lassen, die Situation einzuschätzen. Man sollte darauf verzichten, die Hunde direkt anzuschauen und sie zu berühren. Wenn immer möglich, sollte man sich von der Herde distanzieren und dabei kein abwehrendes und aggressives Verhalten gegenüber den Hunden zeigen.
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