Gastgeber

Ohrenbetäubende Stille

Eigentlich wollte Steffi nur ein Timeout im Safiental. Eigentlich… Heute ist sie in diesem abgelegenen Stück Schweiz zuhause, redet vom Glück, hier zu sein und will dieses Glück teilen.

Das erste Mal war für Stefanie «Steffi» eine Offenbarung: «Ich fuhr durch dieses scheinbar endlose, enge Tal von dem ich noch nie etwas gehört hatte. Dann, nach gefühlten Ewigkeiten, wichen die Berge zurück. Vor mir öffnete sich der weite Talabschluss mit seinem eindrücklichen Wasserfall. Ich stieg aus, die Stille war ohrenbetäubend, die Luft kühl und klar und ich wusste instinktiv: Ich war an einer wichtigen Weggabelung in meinem Leben angekommen.»

Das ist jetzt 7 Jahre her, das Tal heisst Safiental und heute ist Steffi immer noch hier. Hier, wo sich nicht nur Fuchs und Hase, sondern auch noch Wolf und Hirsch, Steinbock, Luchs, Reh und Adler Gutenacht sagen. Warum gerade Safiental?: «Ein Zu- und Glücksfall», sagt Steffi. «Ich wollte eigentlich nur ein Time-Out nehmen, ein bisschen zur Ruhe kommen», erzählt die gelernte Kindergärtnerin aus St.Gallenkappel am Ricken. Über einen WG-Mitbewohner hörte sie zufällig von diesem versteckten Tal. Zufälligerweise hatte dieser WG-Mitbewohner eine Schwester im Safiental. Und zufällig suchte diese Schwester Hilfe bei der Heuernte. Wobei – manche sagen, es gebe keine Zufälle….

«Ich wollte eigentlich nur ein Time-Out nehmen, ein bisschen zur Ruhe kommen»

Eine Liebesgeschichte

Der Rest ist Geschichte - Liebesgeschichte. Und die geht so. Steffi fuhr also ins Safiental und schon am 2. Abend tauchte Valentin «Vali» auf und es kam wie es kommen musste: Die Unterländerin und der Bergler mochten sich. Steffi pendelte zunächst zwischen ihrem Wohnort Rapperswil und dem Safiental hin und her. Und dann blieb sie. Die beiden bauten innerhalb zweier Jahre Valis 300jähriges Elternhaus um und während des Endspurts im Mai 2019 wurden Luca geboren und eigentlich könnte man diese sehr persönliche Geschichte hier mit dem berühmten «Und von nun an lebten sie glücklich und zufrieden» beenden. Könnte.

Steffis Schwiegervater bei der Arbeit.

«Aber ich hatte das Bedürfnis, all diese Schönheit, die blühenden Blumenwiesen, den Ausblick auf das Bären-, das Bruschg-, das Gelb- und das Schwarzhorn zu teilen», sagt Steffi. «Darum machen wir bei Nomady mit und bieten Hofprodukte wie Würste, Salsiz, Käse, Eier und Butter an.» Sie erzählt vom Fluss Rabiusa, der sich jeweils nach einem heftigen Gewitter wie ein wildes Tier seit Jahrtausenden tiefer und tiefer in den Talboden hineinfrisst. Vom versteckten Waldseeli und von der Hilfsbereitschaft der Menschen im Tal.

Von den Walsern, den Vorfahren der Safier, die im 13. Jahrhundert, das Wallis wegen der Pest, dem Hunger oder warum auch immer verlassen haben und sich hier in den Bündner Bergen festgekrallt haben und seither den steilen Hängen ihre Existenz abtrotzen.

Der wahre Luxus

Der Allerweltstourismus hat das Tal bis jetzt verschont. Es gibt darum keine fremdenverkehrstechnischen Totalschäden, keine Wohnsilos, keine überdimensionierten Hotelbauten. Vielleicht gibt es aber gerade darum noch so viele sonnenverbrannte, mit Schindeln gedeckte Häuser und Ställe. So viel Ruhe und eine Talgemeinschaft, in der jeder jeden kennt. Und vielleicht darum sagt Steffi: «Hier, in dieser Ruhe und vor dieser Naturkulisse zu leben und Kinder grosszuziehen, das ist heutzutage der wahre Luxus.»